Auch von den Zuwächsen im Lebensmitteleinzelhandel profitierten nur wenige Württemberger Betriebe. Viele Verbraucher greifen dort zu Preiseinstiegs- und Billigweinen, die häufig aus dem Ausland kommen. Hohl erinnerte, dass die Vinotheken in Württemberg weiterhin geöffnet seien und ermutigt die Verbraucher, die lokalen Angebote verstärkt zu berücksichtigen. Neben der angespannten Vermarktungssituation treibt die Winzer derzeit die Sorge um, dass zu den Arbeitsspitzen im Weinberg Saisonarbeitskräfte aufgrund von Einreiseregelungen nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen könnten. Insbesondere
die Ausweisungen von Mutationsgebieten könnten erhebliche Auswirkungen haben. Hier müssten frühzeitig Regelungen getroffen werden, um die Verfügbarkeit der Arbeitskräfte sicherzustellen.
Ein weiteres Thema, welches die Weinbranche Deutschlands in 2021 umtreiben wird, ist die Novellierung der Weinverordnung, aus der das Bezeichnungsrecht für Weine hervorgeht. Während das Weingesetz bereits im vergangenen Jahr verabschiedet wurde, soll die zugehörige Verordnung am 26. März im Bundesrat beschlossen werden und voraussichtlich Mitte des Jahres in Kraft treten. Präsident Hohl berichtete, dass die Schutzgemeinschaft g.U. Württemberg ebenfalls im März in einer Klausurtagung über die Umsetzung der Verordnung in Württemberg beraten werde. Die Schutzgemeinschaft definiert die Produktionskriterien im Weinbaugebiet und legt die möglichen Rebsorten, Hektarerträge und Bezeichnungen für Württemberger Weine fest. In den kommenden Jahren wird die Erarbeitung eines Profilierungskonzeptes für das Weinbaugebiet und dessen Umsetzung die zentrale Aufgabe des Verbandes werden. „Seit der letzten großen Weinrechtsreform in 1972 stellt das neue Weinrecht die größte Herausforderung für die Weinbranche dar. Es bietet die Chance, Württemberg auf dem internationalen Weinmarkt neu zu profilieren,“ fasst der optimistische Weinbaupräsident die Aufgabe zusammen.
In seinem Ausblick auf das aktuelle Vegetationsjahr und die Arbeiten der Winzer geht Hohl auf die Landesprogramme ein. In den vergangenen Jahren entstanden unter Mitwirkung des Weinbauverbandes zahlreiche Pilotprojekte in Baden-Württemberg, die mittlerweile auch in anderen Bundesländern angeboten werden. Mit der Förderung des Steillagenweinbaus und der Verwirrmethode sowie der Unterstützung des betrieblichen Risikomanagements durch Beteiligung des Landes an der Frostschutz- und Mehrgefahrenversicherung stehen den Winzern geeignete Mittel und Maßnahmen zur Verfügung. Ausdrücklich begrüßte Hohl die in einem weiteren Pilotprojekt neu geschaffene Möglichkeit der Förderung gemeinschaftlicher Infrastrukturen zur Bewässerung und Frostschutzberegnung.
Einen Einfluss auf die Förderkulisse des Landes wird aus der derzeit in Brüssel verhandelten Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) resultieren. Förderungen werden zukünftig mit Ökoauflagen verbunden sein. In Baden-Württemberg hat man hierfür die Grundpfeiler bereits in 2020 mit der Verabschiedung des Biodiversitätsstärkungsgesetzes gelegt, das aus gemeinsamen Gesprächen der Landwirtschaft, Politik und den Umweltverbänden resultierte. Weitaus mehr Sorge bereitet Hohl jedoch die Umsetzung des Aktionsprogramms Insektenschutzgesetz in Berlin. Die ursprüngliche Novelle des Naturschutzgesetzes wäre der Todesstoß für den Weinbau gewesen.
Der in Baden-Württemberg bereits eingeschlagene Weg des „miteinander statt übereinander Redens“ sei der einzig zielführende. Im modernen Weinbau werden Insektizide seit Jahren durch die Verwirrmethode ersetzt, der integrierte Pflanzenschutz angewendet und durch die Dauerbegrünung der Rebzeilen Lebensraum für Insekten geschaffen. Vor allem Wanderer wüssten die „Kulturlandschaft Weinberg“ zu schätzen.
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