Mit Hingabe bügelt sie jedes noch so komplizierte Kleidungsstück. „Am liebsten bügle ich Sakkos, Hosen und Hemden“, sagt die Spaichingerin mit Hilfe von Gebärdensprache, die ihre Schwester Carmen Neuendorf übersetzt.
Auch Chefin Andrea Hellmann kann bereits nach dem Motto „Sag es mit den Händen“ einfache „Gespräche“ mit ihr führen. „Wir lernen alle voneinander“, betont die Textilreinigungsmeisterin und verweist auf ein entsprechendes Plakat mit Zeichnungen von häufig gebrauchten Gesten an der nächstgelegenen Tür. „Frau Bühler hat als gelernte Bekleidungsfertigerin ein besonders gutes Gefühl für Stoffe, das kommt ihr bei der Arbeit sehr zugute. Und kleine Reparaturen kann sie auch erledigen. Damit ist sie vielseitig einsetzbar und passt prima ins Team“, hält die Chefin zufrieden fest.
Nach Ausbildung und Arbeit als Bekleidungsfertigerin in den 1980er Jahren ging Heike Bühler in Mutterschutz und Erziehungszeit. Zehn Jahre später stieg sie mit Helferinnentätigkeiten in einem Medizintechnikunternehmen wieder ins Berufsleben ein. Hier brachte sie sich zwölf Jahre engagiert in der Produktion ein. Leider gab es keine Möglichkeit mehr, die Stelle weiter auszufüllen. So trennten sich das Unternehmen und Heike Bühler. Wegen ihrer besonderen persönlichen Situation durch die Behinderung wurde sie, sobald das Inga-Team (Interne ganzheitliche Integrationsleistung im SGB III) der Agentur für Arbeit in Rottweil im April 2013 etabliert war, als Kundin der ersten Stunde dort intensiv und individuell unterstützt.
„Frau Bühler und ich führten zahlreiche Beratungsgespräche. Sie wurde durch die Familie sehr gut unterstützt, so dass sie beispielsweise bereits tolle Bewerbungsunterlagen hatte. Ich habe mit zahlreichen Firmen initiativ Kontakt aufgenommen, um für Frau Bühler den Weg zu einem Vorstellungsgespräch oder Probearbeitstag zu ebnen“, beschreibt Integrationsberaterin Tanja Schlecht ihr Vorgehen.
„Als ich das Stellenangebot der Kleiderpflege Hellmann sah, dachte ich sofort an Frau Bühler. Mit Textilien umgehen sollte aufgrund der Ausbildung passen, Arbeit in Teilzeit vormittags wegen Betreuung der Enkelkinder, auch und von Spaichingen aus ist der Arbeitsplatz mit dem Ringzug gut zu erreichen. Oftmals bestehen große Bedenken bei Unternehmen, wie der Betriebsalltag mit einer hörgeschädigten Kollegin klappen kann. Frau Hellmann war hier offen und gleich bereit, Frau Bühler eine Chance zur Probearbeit zu geben, nachdem Kollegin Switalla vom Arbeitgeber-Service Frau Bühler nochmals empfohlen und Frau Hellmann auf Fördermöglichkeiten angesprochen hatte“, so die Integrationsberaterin.
Also gab es von der Agentur für Arbeit den Vermittlungsvorschlag und die Familie von Frau Bühler wurde informiert - schon einen Tag später stellte sich die 49-jährige Mutter beim Kleiderpflegeunternehmen vor, unterstützt von ihrer Mutter als Gebärden-Dolmetscherin. Und sie bekam die Stelle. Schon nach kurzer Zeit übernahm sie die Aufgabe, morgens die gesamte Technik im Betrieb in Gang zu setzen und macht sich dann jeden Tag mit Schwung an die Bügelwäsche.
Text und Foto: POSITIV-MEDIEN (Agentur für Arbeit Rottweil-Villingen-Schwenningen * Waldemar Herzog)
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